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...warum es kaum gebauten Tensegrity Türme gibt.

Dieses Semester habe ich als Wahlfach, trotz meiner enden wollenden Liebe zur Statik, Statik Anwendungen besucht. Dabei galt es einen Wahrzeichenturm für die Seestadt Aspern zu entwerfen, der ca. 50 Meter hoch sein sollte, und auch als Aussichtsturm fungieren sollte.

In der ersten Vorlesung wurden uns ein paar allgemeine Turm Formen vorgestellt, und neben diversen langweiligen Formen wie Röhren, oder Outtrigger, ging es um das Tensegrity System. Die Erfindung dieses Systems wird Richard Buckminster Fuller (und ein bissal Kenneth Snelson) zugeschrieben. Das Wort Tensegrity selbst ist dabei ein Kunstwort zusammengesetzt aus tension (Zugspannung) und integrity (Zusammenhalt, Ganzheit).

Im Prinzip geht's darum, dass das Tragwerk aus, sich nicht berührenden, Druckstäben und diese verbindende Zugseilen zusammensetzt, wobei die Druckstäbe logischerweise nur auf Druck, und die Zugelemente nur auf Zug beansprucht werden. Weil das was dabei rauskommt fast komplett anders aussieht, als man es sonst so von Türmen gewohnt ist (siehe Needle Tower von Kenneth Snelson), hab ich beschlossen, das ist meine Turmform. Nachdem wir in Gruppen arbeiten sollten, haben sich schnell zwei weitere Kollegen gefunden, die Tensegrity mal ausprobieren wollten, und wir haben uns an die Arbeit gemacht.

Weil wir jetzt aber einen begehbaren Turm, und nicht nur eine Skulptur bauen wollten, haben wir eine Struktur gewählt, bei der die einzelnen Druckstäbe sich geschoßweise in einem Punkt berühren, und über eine Plattform miteinander verbunden sind, was eigentlich zu einer höheren Stabilität führen sollte. In der Mitte wäre dann noch eine Wendeltreppe vorgesehen gewesen, aber die trägt nichts zur Statik bei. Als Grundelement haben wir ein Twistelement aus 7 Druckstäben gewählt, also quasi zwei übereinander liegende 7ecke, wobei ein Eck des unteren 7ecks mit dem übernächsten Eck des darüber liegenden Ecks, mittels Druckstab, verbunden ist. Dazwischen haben wir dann Zugseile vorgesehen, die Druckstäbe zuerst im, dann gegen den Uhrzeigersinn, und zum Schluss in beide Richtungen, verbinden.

Zur Abgaben galt es ein Modell 1:50 mit zu bringen, wobei die einzelnen Elemente gelenkig miteinander verbunden sein sollten, also nicht einfach nur aneinander geklebt.
Dazu haben wir uns eine äußerst gefinkelte Methode einfallen lassen. Die Plattformen haben wir aus Sperrholz ausgeschnitten, und für die Gelenkigen Verbindungen kleine Plättchen aus Stahlblech ausgeschnitten, die mit drei Löchern versehen, und einmal geknickt waren. Durch das erste Loch haben wir das Plättchen mit der Plattform und dem darüber liegenden Plättchen verbunden, an das zweite Loch haben wir eine 5mm Gewindestange als Druckstab angeschlossen, und das dritte Loch diente dazu, 1mm starken Draht als Zugseile anzubringen. Die Gewindestangen haben wir mit Muttern in ihre Position gebracht, den Draht dagegen haben wir mit auseinander geflexten Lusterklemmen befestigt und gespannt (hui da sind die Funken in meiner Küche nur so geflogen).

Gut ausgeschaut hat der Turm dann recht flott, nur mit der Reaktion auf Torsion und Druck, wars nicht so gigantisch weit her. Also haben wir mit Hilfe eines Betreuers vom Tragwerkslehre Institut, unser System in ein Statik Programm übertragen, und sind dann drauf gekommen, dass wir unsere Abspannungen in die andere Richtung spannen müssen, und danach der Turm eigentlich ziemlich stabil sein sollte. Nur hat sich dann herausgestellt, dass Computerprogramm und Realität leider relativ weit auseinander liegen. Das Programm simuliert Idealbedingungen, die wir mit unserem Modell schlicht und ergreifend nicht erreichen konnten (perfekte Vorspannung z.B.), wodurch unser Modell zum Schluss eine ziemlich wackelige Geschichte geworden ist.

Wir haben dann noch weiter geforscht, und unter anderem eine Diplomarbeit eines Kollegen gefunden, der im Laufe der Arbeit auch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ohne aufwändigsten Berechnungen zur Formfindung, und extrem hohem Genauigkeitsgrad ein Tensegrity System nicht realisierbar ist, was sich ziemlich genau mit unseren Erfahrungen gedeckt hat.

Also haben wir in Absprache mit unserem Betreuer quasi eine Dokumentation unseres Scheiterns abgegeben, und dort angeführt warum Tensegrity in der von uns gewählten Form nicht funktioniert. Ein Sehr Gut haben wir trotzdem bekommen ;)

Aber jetzt habe ich so viel geschrieben, wie schon ewig nicht mehr, jetzt müssen noch ein paar Bilder folgen:

Für die uns abverlangten Axonometrien, mit verschiedenen Lastannahmen, habe ich mal wieder Cinema 4D angeworfen, und zuerst dargestellt, wie wir uns vorstellen, dass das System eigentlich funktionieren sollte, und wie es dann im Gegenzug wirklich reagiert hat

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Und natürlich waren auch Modellphotos gewünscht:

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Direktlink  Kommentare: 6 geschrieben von theo am Mittwoch, 08.12.2010, 13:22
Eingeordnet unter: 3D, Cinema 4D, Fotos, Studium

Kommentar(e):
Felix hat am Mittwoch, 08.12.2010 um 16:26 geschrieben:
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Endlich wieder mal ein Architektur-Beitrag! Nicht dass deine Photos schlecht wären, aber ist wieder mal Abwechslung im Blog.
Ich muss gestehen, dass ich ohne den Gedanken an das Modell in deinem Wohnzimmer keinen Dunst gehabt hätte, von was du eig. redest, aber naja was weiß schon ein Laie von Architektur.
theo hat am Mittwoch, 08.12.2010 um 17:08 geschrieben:
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Ich musste eh an deine Beschwerden denken wie ich den Beitrag geschrieben hab ;) Jetzt wos draussen eh so schirch ist, werd ich wieder bissal mehr studiums bezogenes posten...
Sebastian Ortner hat am Donnerstag, 09.12.2010 um 15:09 geschrieben:
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Wie viele ECTS gibt es für das?
theo hat am Donnerstag, 09.12.2010 um 15:50 geschrieben:
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lächerliche 2 :( aber wenn man sonst keine entwerfen oder so im semester hat, eine ganz nette abwechslung, wenn man halt ned grad tensegrity probieren muss ;)
Ven hat am Donnerstag, 16.12.2010 um 17:31 geschrieben:
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Tolle Beiträge! Welches Semester?
theo hat am Donnerstag, 16.12.2010 um 19:22 geschrieben:
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Danke :) Ich bin im 7. Semester die Übung lässt sich aber glaub ich ab dem 3. belegen...

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